Wie bilden wir Kinder für die Sozialen Medien aus? Ich rufe Susanne Hausdorf an. Sie bloggt, organisiert eine Konferenz für Eltern-Blogger. Ihr Credo: Probiert Kommunizieren und Präsentieren im Netz selbst aus – und seid ehrliche Vorbilder.

Bevor Susanne Hausdorf anfing zu bloggen, hatte sie eine Schwierigkeit: „Ich war sehr schlecht im Netzwerken“, sagt die 36-Jährige. Dann startete sie ihre eigene Medienmarke Ich lebe jetzt, weil sie gerne schreibt und „weil ich glaube, dass meine Inhalte Mehrwert für andere Eltern haben.“ Seit dem Start ihres Blogs „funktioniert das mit dem Netzwerken viel einfacher.“ So einfach, dass sie nun am 23. April 2016 zur DENKST! einlädt, Frankens erste Blogger-Konferenz für Eltern. Aktuell betreut sie drei Kinder und lernt auf der Freien Journalistenschule in Berlin. „Journalismus war schon immer mein Traum. Und den hole ich nun nach.“
Was wissen Deine Töchter darüber, was Du auf auf Deinem Blog machst? Dass ich auch mal über sie schreibe. Aber dass ich sie vorher frage. Meine größte, zehnjährige Tochter sagt mir durchaus, was sie will. Und was nicht. Das gilt für Texte wie Bilder. Schließlich geht es um ihre Persönlichkeitsrechte. Und da sollen sie lernen mitzuentscheiden.
Du veranstaltest eine Eltern-Blogger-Konferenz. Wie erklärst Du Deinen Kindern, was da passiert? Dass wir darüber reden, was das Bloggen mit mir und meiner Familie macht. Meine große Tochter findet das spannend, die anderen echt kennen zu lernen. Während meine jüngste Tochter glaubt, dass ich alle Menschen kenne, die Bilder bei Instagram posten: „Wer ist die? Was macht die da? Wie heißt deren Kind?“ Weiß ich natürlich nicht. (lacht)
Warum ist Bloggen ein guter Weg, um die digitale Welt kennen zu lernen? Beim Bloggen bestimme ich, was ich Preis gebe. Ich kann meine Meinung darstellen und anhand der Kommentare sehen, was diese bewirkt. Und ich kann fühlen, was diese Reaktionen bei mir auslösen. Gerade, wenn es Negatives zurückkommt.
Bloggen ist eine gute Methode, um Schreiben und Sich-Präsentieren zu üben
Wie reagierst Du, wenn eine Deiner Töchter bald anfängt, selbst in den Sozialen Medien aufzutreten? Bei Youtube würde ich „Nein“ sagen. Außer sie findet einen Weg, sich selbst zu maskieren. Ist mir zu öffentlich. Einen Blog führen? Klar, aber kontrolliert: Ich will wissen, was sie veröffentlicht. Aber das wäre eine gute Methode, um Schreiben und Sich-Präsentieren zu üben und Ursache und Wirkung zu lernen. Was passiert, wenn ich im Netz das und das mache?
Hast Du einen Tipp, wie wir Kindern Soziale-Medien-Kompetenz beibringen? Wir müssen Vorbilder sein. Sie schauen sich ja viel von uns ab, solange sie noch nicht in der Pubertät sind. Also sollten wir es vormachen: Schau mal, so reagiere ich auf Kommentare – hier zum Beispiel schweige ich, damit das Thema nicht eskaliert.
Wir sollten Medienkunde als Schulfach einführen – spätestens ab der fünften Klasse.
Ich denke: In Zukunft sollte journalistisches Grundhandwerk – wie Quellen prüfen, Inhalte verbreiten oder Kommunikation moderieren – Allgemeinbildung sein. Was hältst Du von dieser These? Unterschreibe ich sofort. Je fundierter sich jemand über eine Quelle informieren kann, desto eher erkennt er, was ein Fake ist. Wie bei ideologisch veränderten Themen, zum Beispiel die falschen Meldungen über Flüchtlinge. Wir sollten Medienkunde als Schulfach einführen – spätestens ab der fünften Klasse. Aber von kompetenten Menschen, nicht von Lehrern, die entweder alles verteufeln oder alles toll finden. Denn unsere Kinder kommen mit Sozialen Medien sicher in Kontakt. Und je differenzierter sie darauf vorbereitet sind, desto sicherer können sie damit umgehen.
Zur Medienkunde: Was lehren wir unseren Kindern hier außerdem? Warum nicht auch, wie man für die Sozialen Medien schreibt? Warum nicht fächerübergreifend – mit dem Fach Deutsch? Oder einen Klassenblog zu einem Thema führen? Und: Ein Lehrer weiß nie alles, daher sollte man Medienkompetenz mit unterschiedlichen Experten gestalten. Darunter auch das Thema Computerspiele behandeln, aber bitte objektiv – nicht schwarz oder weiß.
Das ist Zukunftsmusik. Noch aber liegt es in den Händen der Eltern, Medienkompetenz zu vermitteln? Definitiv. Also sollten wir die neuen Medien selbst ausprobieren. Am besten mit unseren Kindern gemeinsam.
Als ich anfing zu bloggen, waren meine Kinder 9 und 12 Jahre alt. Dadurch, dass ich meine ersten Artikel am Küchentisch verfasste, während sie ihre Hausaufgaben erledigten, bekamen sie meine ersten Schritte in die Öffentlichkeit mit. Sie fragten nach, machten Vorschläge und schnell kam die Idee, selbst auch bloggen zu wollen. Da ich ein sicherheitsliebender Mensch bin, wollte ich schon verneinen. Schließlich gilt bei uns das Gesetz „keine Fotos und Namen unserer Kinder im Internet“. Doch unter meiner Anleitung erstellten wir gemeinsam Bloggerprofile mit Fantasie-Namen und Landschaftsbildern als Profilfotos. Themen wie Beachtung von Bildrechten, Vermeidung von Veröffentlichung von Portraits und Wohnort im Netz sowie erforderliches Technik-Gedöns wurden vor dem ersten Post besprochen. Die Kinder fühlten sich ernst genommen und haben dabei unsagbar viel gelernt. Der Spaß am Bloggen verflachte bei ihnen irgendwann, denn wir alle wissen: Bloggen ist viel auch Arbeit! Sie haben sich in andere Richtungen entwickelt, wobei ich meine Tochter schon sehe als „jüngste Foodbloggerin Deutschlands“, wenn sie mal alles aufschreiben und fotografieren würde, was sie hier in unserer Küche zaubert.
Die Quintessenz ist, dass sich meine Kinder sicher in der Medienwelt bewegen können, unser 15-jähriger programmiert Spiele, dreht und schneidet Filme und bildet sich aus eigenem Antrieb in dieser Richtung weiter.
Von einigen Seiten bekomme ich dazu negatives Feedback: „Ob Du weißt, was Dein Sohn da tatsächlich im Netz preisgibt und macht? Sitzt der Junge nicht zu viel am PC? Und ihr kauft ihm wirklich sämtliches Equipment, das er braucht?“ Ja – das tun wir und ich bin sicher, dass es richtig ist. Seinen neuen Gamer-PC verdient er sich mit guten Noten! Pro „sehr gut“ im Hauptfach gibt es 200 Euro-Punkte, für ein „gut“ gibt es 150 Euro-Punkte etc. Kaum zu glauben, was unser Sohn jetzt reinhaut in der Schule, um schnellstmöglich an den super-duper-PC zu kommen ;-) Und JA, ich weiß, was mein Sohn im Internet macht: Er schmiedet seine Zukunft! Ich vertraue ihm, dass er die besprochenen Medienspielregeln anwendet. Er weiß, dass er jederzeit alles fragen kann – und inzwischen frage ich ihn häufiger um (technischen) Rat als umgekehrt.