Code ist die Universal-Sprache (der Zukunft). Wie bringen wir Kindern das Latein von morgen bei – zumindest ein Verständnis davon? Ich frage einen jungen Dozenten, eine progressive Schuldirektorin – und meinen älteren Sohn. Spoiler: Games spielen eine Rolle.

Zach Sims glaubt, die Zukunft zu kennen. Er ist einer der Gründer der Webseite codeacademy.org, auf der Nutzer das lernen, was Sims als die Sprache der Zukunft bezeichnet: Coden. Ich glaube, Sims hat Recht. Schließlich ist wohl bald selbst in meiner Zahnbürste ein Chip, in dem ein Programm, ein Code steckt. Wie führen wir also unseren Nachwuchs heute an etwas heran, was in Zukunft umfassend präsent sein wird?
Ich starte meine Recherche bei meinem älteren Sohn. Er ist 14 Jahre alt, liebt Games, will Game-Entwickler werden. Er besucht seit über einem Jahr eine einmal pro Woche eine Programmierschule, das Jugendprogrammier Centrum München (JPCM). Ich frage ihn: Wie sollten Kinder mit dem Programmieren anfangen? „RPG Maker ist nicht schlecht, damit kann man sein eigenes Spiel basteln“, erklärt er. Mit diesem Tool erstellt er Rollenspiele (Role Playing Games) im Stile der ersten Versionen von Zelda oder Final Fantasy: mit simpler Vogelperspektiven-Grafik – und unzähligen Möglichkeiten, sein Game zu individualisieren: Wie sehen die Helden aus, welche Fähigkeiten besitzen sie, wie viel Schaden macht ein Feuerball? Dazu erlaubt das Tool, Zwischensequenzen zu komponieren. „Zehn Jahre sollte man schon alt sein, denn man muss die Youtube-Tutorials verstehen“, sagt er. Und verweist auf die Option, sein eigenes Kampfsystem und grafische Oberflächen zu gestalten.
Code-Dozent: Mit Visual Basic schnell einen Ball zum Hüpfen bringen
„Es ist ein Unterschied, ob Kinder Programmieren lernen wollen. Oder ihre Eltern sie geschickt haben“, sagt Rami Al-Maskari. Er ist 22 Jahre alt, studiert Wirtschaftsinformatik an der TU München und führt am JPCM Kinder (ab etwa neun Jahren) und Jugendliche an das Coden heran. Bei der Gruppe der Interessierten, erzählt er, muss er nicht viel machen – diese spielen sofort mit dem Angebot herum. „Die Arbeit fängt bei der zweiten Gruppe an.“ Denen zeigt er zunächst die Grundlagen einer Programmiersprache: Code-Zeilen, Variablen, Schleifen.
Beiden Gruppen gemein ist, dass sie mit Visual Basic starten. „Weil sie schnell etwas Sichtbares zusammenklicken können“ – zum Beispiel einen Ball, der über den Bildschirm hüpft. Daraus programmieren die Kinder im Anschluss einen der Urväter der Games-Historie: Pong, eine Art digitales Tennis. Und später lernen sie, Snake nachzubauen, bei der ein Spieler eine Schlange so steuert, dass sie sich nicht in den Schwanz beißt. Überhaupt Games. „Fast alle Kinder kommen über Spiele an den Computer“, erläutert Rami. Ein eigenes, simples Spiel zu erstellen, das begeistert alle.
Direktorin Create Schools: Programmieren ist mehr als Codezeilen tippen
Dabei ist Code mehr als Games – zum Beispiel bei Gina Deiniger. Die 47-Jährige ist Direktorin von Create Schools, einer Schule aus Tutzing bei München, die Kinder und Jugendliche gezielt für die digitale Zukunft ausbildet: Programmieren zum Beispiel gehört ab der ersten Klasse zum Lehrplan – als Teil des Fachs ICT (Information, Communication, Technology). Programmieren ist hier viel mehr als Codezeilen tippen, es ist das Bewegen im digitalen Raum: Kinder erstellen einführend eine eigene E-Mail-Adresse, lernen später den kritischen Umgang mit Sozialen Medien, verstehen irgendwann auch die Hardware (über das Basteln mit dem Simpelst-Computer Raspberry Pi) – und steigen konkret in das Programmieren über Sessions bei der Übungsplattform code.org ein (Ist die gut? Meine Jungs testen aktuell diese und andere Einsteiger-Seiten- sowie Tools – Text folgt). Oder verstehen Zusammanhänge besser dank eines Computerspiels.
„Unsere Viertkässler zum Beispiel lernen das Prinzip Stadt anhand von Minecraft“, erklärt sie. Schüler planen und bauen mit diesem digitalen Lego-Baukasten eine Gemeinde: Straßen, Läden, Wohngebäude. Jeder an seinem Rechner – und koordiniert im Team. Ältere Klassen lernen Programmiersprachen wie Java via Online-Schule Khan Academy, andere üben das Erstellen von Apps über das Skizzieren der einzelnen Bildschirmseiten auf Papier.
Es bleibt das Spielerische, das Kindern nach dem Einstieg in den Code Spaß macht.. „Viele unserer Schüler lieben es, mit Programmen zu experimentieren“, erzählt Gina Deininger. Jüngere modifizieren Minecraft, Ältere versuchen, auf Chromebooks das (fremde) Betriebssystem Linux aufzuspielen. Das ist der Sandkasten des digitalen Zeitalters. Lasst die Kinder also einfach spielen.